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Channel: Bayerischer Rundfunk – DER KLIMA-LÜGENDETEKTOR
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BR: Sich mit der Lobby gemein machen

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Es gibt Tage, da hauen einen die Schlagzeilen von den Socken. Zum Beispiel diese, die jüngst der Bayerische Rundfunk vermeldete:

Wow!

Auch im ersten Satz des dann folgenden Artikels findet sich die Aussage noch einmal: „Die Energiewende ist ein Desaster.“ Das ist jetzt wirklich mal was Neues: International wird die Energiewende als Vorzeigeprojekt gehandelt, das den Strom der Bundesrepublik klimafreundlicher macht, Jobs schafft und durch jahrelange Vorarbeit zu den heute (weltweit) niedrigen Preisen für erneuerbaren Energien beigetragen hat. Was also hat der Bayerische Rundfunk herausgefunden, der all das nicht nur in Frage stellt, sondern die Transformation des Energiesektors sogar zum „Desaster“ erklärt?

Schon der zweite Satz klärt auf: „So fasst es vbw-Präsident Alfred Gaffal zusammen.“ Aha, der Bayerische Rundfunk hat also überhaupt nichts herausgefunden. Dass die Energiewende ein Desaster sei, meint der Chef der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (VBW), die in Sachen Energiewende regelmäßig quengelt. Es handelt sich um einen Lobby-Verband für bayerische Unternehmen, darunter Konzern-Riesen wie BMW und Audi.

Normalerweise haben Journalisten eine einfache Lösung, um ihren Lesern solch eine Subjektivität kenntlich zu machen: Anführungszeichen, umgangssprachlich Gänsefüßchen, im norddeutschen Raum auch Tüddelchen genannt. Sind solche gesetzt, weiß jeder: Ah, ein Zitat – hier hat also eine einzelne Person etwas gesagt, was nicht zwangsläufig allgemeingültig ist. Fehlen sie, muss man davon ausgehen, mit einem Fakt konfrontiert zu sein (oder mit einer redaktionellen Meinung, falls es sich um einen Kommentar handelt).

Jetzt könnte man wohlwollen: eine kleine Unsauberkeit der Kollegen des Bayerischen Rundfunks. Kann doch mal passieren! Natürlich haben auch wir beim Klima-Lügendetektor Besseres mit unserer Zeit zu tun, als uns mit dem Papst die berühmten Wettkämpfe um die Päpstlichkeit zu liefern.

Es spricht aber einiges dagegen, den Vorfall als Bagatelle abzutun. Zum Beispiel, dass die Überschrift ein viel größeres Publikum erreicht als der Text darunter. Hinzu kommt: Eine Überschrift ist zuständig für den ersten Eindruck von einem Artikel – und dass der zählt, ist eine alte Weisheit. Was in der Überschrift steckt, beeinflusst, welche bestehenden Informationen im Kopf der Leser aktiviert werden. Kurz gesagt: Man liest einen Text nach der Überschrift anders, als man es ohne sie getan hätte oder mit einer anderen. Genauer kann man das zum Beispiel hier oder hier oder hier nachlesen. Eine fehlleitende Überschrift kann also auch bei ansonsten korrektem Text durchaus Schaden anrichten.

Doch selbst wenn wir jetzt mal im Sinne der Harmonie während der laufenden Advents- und Chanukka-Feierlichkeiten alle Augen zudrücken: Der Text, mit dem der Bayerische Rundfunk nach der mehr als unglücklichen Überschrift aufwartet, rückt den falschen Eindruck leider nicht gerade. Man kann ihm zwar immerhin entnehmen, dass er sich um Aussagen eines Verbands dreht – von diesem wird dann allerdings auch jeder mögliche Quark zitiert.

Als Argument dafür führt der Verband im Artikel angebliche Kosten der Energiewende in der Höhe von 520 Milliarden Euro bis 2025 an. Woher die Zahl kommt, erklärt der Bayerische Rundfunk nicht. Und auch der Verband, der selbst gar nicht von „Desaster“ spricht, klärt uns nicht auf.

Das holen wir gern nach: Die halbe Billion entstammt einer Veröffentlichung des Düsseldorfer Wirtschaftswissenschaftlers Justus Haucap im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) aus dem vergangenen Jahr. Die Rechnung geht nur auf, wenn man alle möglichen und unmöglichen Ausgaben durcheinanderwirft. Die Kollegen von unserem Partnermagazin klimaretter.info haben das hier auseinanderklamüsert.

Leider hat sich der Bayerische Rundfunk nicht diese Mühe gemacht. Er hat auch nicht ein einziges Gegenargument bei irgendeinem Energiewende-freundlichen Branchenverband eingeholt, kein Forschungsinstitut angerufen. Keine Gegenrecherche, nichts.

Stattdessen wird Almut Kirchner zitiert, die Vize-Chefin des Beratungsunternehmens Prognos:

Also, öffentlich-rechtlichen Qualitätsstandards genügt diese Meldung sicherlich nicht!

Vielen Dank an Susanne S. für den Hinweis

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